Zelck-Zeitung.jpg Foto: A. Zelck / DRKS

Jede Menge "Überstunden ganz ohne Klagen

15.12.2015

Olpe. Es ist eine Mammutaufgabe. Doch geklagt wird nicht. Alle packen derzeit mit an beim Roten Kreuz. „Es beschäftigt uns rund um die Uhr. Hektisch wird es, wenn neue Busse kommen“, sagte Torsten Tillmann vom Vorstand des DRK-Kreisverbandes beim Besuch dieser Zeitung in der Kreissporthalle Olpe. Sie ist neben der Rundsporthalle Attendorn und der Sporthalle „In der Wünne“ in Drolshagen eine von drei Notunterkünften, um die sich die Rotkreuzler kümmern. Für das Regenbogenland ist mittlerweile federführend der DRK-Landesverband zuständig.
Viele Kinder

Um die Mammutaufgabe zu bewältigen, hat der DRK-Kreisverband 60 hauptamliche Kräfte eingestellt. Die Verträge sind befristet bis 29. Februar 2016 - solange wie die Belegung der Hallen zunächst geplant ist. „Das ist schon sehr schwierig. Man muss zum Beispiel eine Krankenschwester finden, die selbst einen Migrationshintergrund hat und möglichst noch Arabisch spricht“, so Tillmann. Zudem sind vom DRK-Kreisverband in den vier Einrichtungen 300 Ehrenamtliche im Einsatz: „Da kommen wir so langsam an unsere Grenzen.“ Kreisverband und die sieben Ortsvereine kommen laut Tillmann in diesem Jahr auf deutlich über 100 000 ehrenamtliche Stunden. Normal sind es 75 000 bis 80 000: „Wir hatten ja auch vorher keine Langeweile. Unsere Dienste bei Festen im Kreis Olpe bleiben.“

Schwierig sei es, Sicherheitspersonal zu finden. Hier gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei. Alle Mitarbeiter in den Einrichtungen, auch die Ehrenamtlichen, müssen ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis haben. Dennoch: Garantien gibt es nicht. „Wir gucken ja auch den Bewohnern nur vor den Kopf“, sagte Torsten Tillmann.

Jetzt standen plötzlich nachts Menschen vor der Tür, die von Schleppern am Olper Bahnhof herausgelassen wurden. Aktuell leben 98 Asylbewerber in der Kreissporthalle: „Ein ganz großer Teil sind Familien, die hier ankommen. Die meisten sind sehr pflegeleicht. Wir haben unheimlich viele Kinder, über 20 Prozent.“ Auch Erzieherinnen sind vor Ort. Es gibt eine Kinderspielstube, erste Sprachkurse mit Pictogrammen: „Nach vier bis sechs Wochen können sich die Kids verständigen.“

Die Aufenthaltsdauer der Flüchtlinge in den Notunterkünften beträgt etwa drei Wochen. Dann werden sie den Kommunen zugewiesen. „Es ist ein ständiges Kommen und Gehen“, so Tillmann. Nach der Ankunft gibt es eine Erstuntersuchung. Später folgen Impfung und Röntgen. Schließlich werden die Asylbewerber erkennungsdienstlich behandelt. Engpässe gibt es aktuell bei den Impfstoffen. Am Eingang der Kreissporthalle wird genau registriert, wer sich von außerhalb wie lange in der Einrichtung aufgehalten hat. Die Flüchtlinge tragen Armbänder, auf denen vermerkt ist, wann sie gekommen sind und wo ihr Bett steht. Da Geburtsdaten in Ländern wie Iran oder Jordanien keine Rolle spielen, fragen die Rotkreuzler nach dem Alter der Flüchtlinge und legen dann den 1. Januar als Geburtsdatum fest.

Wie geht es weiter am 29. Februar? „Wir lassen uns überraschen. Ich kann nicht in die Glaskugel schauen“, meinte Tillmann. Bei Räumung der Hallen würde es ein bis zwei Monate dauern, bis sie wieder übergeben werden könnten. „Das hier ist eine der ureigensten Aufgaben des Roten Kreuzes. Daraus sind wir vor 150 Jahren entstanden“, betonte Tillmann.
Katastrophenschutzpläne

Und dass alles so schnell und recht problemlos klappt, dafür sorgen die Katastrophenschutzpläne beim Kreis Olpe: „Die lagen ja in der Schublade. Es sind Pläne, wo man zum Beispiel bei einem Brand im Seniorenheim 300, 400 Leute unterbringen kann. Es ist ja kein Zufall, dass man in die Hallen gegangen ist.“ Zudem habe das DRK ein Katastrophenschutzlager und Verträge mit Lieferanten für alle möglichen Dinge.

Man war also auf alles gut vorbereitet. Dennoch gestand Torsten Tillmann zum Abschluss: „Der Druck ist da. Es gibt auch Angst, dass etwas schiefgehen könnte.“

Text und Foto WR vom 18.11.2015